25.04.2024

Wenn Sie meinen Blog hin und wieder lesen, wissen Sie, dass die Zweitwohnungspolitik eines meiner Lieblingsthemen ist. Darum schreibe ich heute wieder einmal einige Zeilen dazu. Ich habe vor rund eineinhalb Jahren prognostiziert, dass die lokale Politik mit zunehmender Wohnungsnot für Einheimische in den Ferienregionen in Aktionismus und publizitätswirksame Massnahmen verfallen wird.

Dies passiert nun und die einzelnen Gemeinden überbieten sich laufend mit «neuen» Ideen, wie sie der Wohnungsnot für Einheimische Herr werden  wollen. Erstaunlicherweise sollen viele dieser Massnahmen auf dem Rücken der Zweitwohnungsbesitzer ausgetragen werden.

Deshalb erlaube ich mir, Ihnen nachfolgend einige aktuell diskutierte Ansätze aufzuzeigen, damit Sie abschätzen können, in welche Richtung die Reise gehen könnte. Ein beliebtes Stichwort ist  derzeit eine sogenannte Lenkungsabgabe, die etwa beim Verkauf einer Zweitwohnung zum Tragen käme, oder aber auch, wenn eine Wohnung als Zweitwohnung anstelle einer Erstwohnung vermietet würde. Die Idee dahinter ist, aus den Erträgen der Lenkungsabgabe «zahlbaren» Wohnraum für Einheimische zu finanzieren. Meiner Meinung nach bringt diese Idee zwei Probleme mit sich. Einerseits würde ich ein solches Steuerinstrument als unangebrachten Eingriff in meine Selbstbestimmungsrechte empfinden. Andererseits frage ich mich, wie man Wohnraum zur Verfügung stellen will, wenn aufgrund des Raumplanungsgesetzes ständig Baulandparzellen ausgezont werden müssen. Bis jetzt konnte mir dies noch niemand erklären.

Eine andere umfangreich diskutierte Massnahme: Wenn eine altrechtliche Wohnung von Menschen bewohnt wird, die ihre Schriften in der Gemeinde hinterlegt haben, soll diese Wohnung unabhängig des altrechtlichen Status zu einer «Erstwohnung» mutieren, die ab diesem Zeitpunkt nur noch von Personen mit Wohnsitz in der Gemeinde bewohnt werden darf . Dies ist eigentlich meine Lieblingsidee und ich bin erstaunt, dass nicht erkannt wird, welche Tragweite ein solcher Eingriff hätte. Wenn ich eine altrechtliche Wohnung besässe, die ich an Einheimische vermiete, würde ich deren Vertrag sofort kündigen, da meine Wohnung ansonsten durch den Statuswechsel von einer Zweit- zu einer Erstwohnung über Nacht nur noch die Hälfte wert wäre. Ich gehe davon aus, dass dannzumal innert kürzester Frist massenweise Einheimische auf der Strasse stehen würden.

Auch würde mich sehr interessieren, wie eine Bank auf dieses Szenario reagieren würde. Hat sie eine Zweitwohnung finanziert und diese mutiert über Nacht zu einer Erstwohnung, verliert sie wie gesagt rund die Hälfte ihres Wertes. Dies würde wiederum bei einer 70-%-Belehnung bedeuten, dass die Hypothek der Bank nicht mehr vollumfänglich besichert wäre. Ich gehe stark davon aus, dass die Banken in dieser Situation eine sofortige Amortisation der Hypothek verlangen würden.

Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass man Massnahmen ergreifen muss. Ich plädiere aber dafür, dass diese für Eigentümer verträglicher gestaltet werden. Wohlwollende Massnahmen sehe ich eher in Richtung einer höheren Ausnutzung für Erstwohnungsprojekte oder z. B. in der Vorgabe, dass bei Abbruch altrechtlicher Liegenschaften die Zweit- und Erstwohnungsfläche des Neubaus im Verhältnis 50:50 realisiert werden muss – dies ebenfalls mit einer Ausnutzungserhöhung.
Ein ebenso wichtiges Instrument wäre die Erhöhung der Einsprachehürden. Mir ist ein Fall in der Region Lenzerheide bekannt, in dem die Eigentümer eines Ferienhauses den geplanten Bau eines benachbarten Erstwohnsitzes nur zum Erhalt ihrer Aussicht so lange torpediert hatten, bis die Eigentümer des Erstwohnsitzes entnervt aufgaben. Das Baugesetz muss unter allen Umständen eingehalten werden. Es darf aber nicht sein, dass Erstwohnungsprojekte nur wegen der Aussicht oder Ähnlichem behindert werden können.

Es geht mir nicht darum, Eigentümer oder Investoren zu bevorteilen. Es geht mir lediglich darum, dass man positive Massnahmen sucht und findet, anstatt weiter einschränkende und belastende Restriktionen einzuführen. Ich hoffe sehr, dass die Politik den Pfad der Restriktionen verlässt und eine liberalere Zweitwohnungspolitik anstrebt.